Erfahrungsbericht DVKC Zertifizierung

Im dritten Quartal 2022 begann nach intensiver Vorbereitung die Reaktivierung der DVKC Akademie als Antwort auf die zunehmende Komplexität und das veränderte Aufgabenspektrum des Controllings in der Gesundheitswirtschaft. Mit dem ersten Durchlauf der Controlling-Zertifizierung „Professional Level“ wurde ein sehr erfolgreicher Auftakt kreiert und spannendes Wissen und praktische Erfahrung zwischen den Teilnehmenden und den Dozierenden aus Wissenschaft und Praxis ausgetauscht. Hier ein Erfahrungsbericht.

Die Zertifizierung startete in Präsenz im Rahmen des RKKC 2022 in Leverkusen. Die Teilnehmer*innen konnten so direkt auch neben den ersten Seminarinhalten, den Input der Vortragenden mitnehmen und das die ganze Zertifizierung begleitende Thema „Kommunikation“ im Rahmen von Networking ausleben.

Die folgenden Wochen waren geprägt durch einen Mix aus Blended Learning und Onlineformaten. Thematisch wurde sukzessive das Berufsbild Controlling erforscht und Spezifikationen und Expertenwissen in speziellen technischen und auch sozialen Kompetenzfeldern erarbeitet. Spannend wie lehrreich, aber auch äußerst erstaunlich waren die Analysen der Auswirkungen auf das Controlling von sich ständig verändernden Rahmenbedingungen durch neue Regulationen und Vorgaben im Gesundheitssystem.

„Die Vorlesungseinheiten sowie die Blended Learning Aufgaben waren sehr informativ und aufklärungsreich.“ Mathias Sobczynski Klinikum Leverkusen

Besondere Fokussierung erfuhren dann neben klassischen Lehransätzen wie strategisches und operatives Controlling die Thematiken „Berichtssysteme“, „Mehrstufige Bereichsergebnisrechnungen“ und auch das Thema Kommunikation bis hin zu ersten Überlegungen von Systemischen Controlling Ansätzen. Zu jedem Themenfeld wurden auch Know-how-Träger aus der Praxis eingeladen, die ihre Erfahrungen zur Verfügung stellten und auch vor intensiven Diskussionen mit den Teilnehmenden nicht zurückschreckten.

Die Zertifizierung ist in zwei zeitliche Blöcke eingeteilt. Als Abschluss des ersten Blocks, in einem ersten Teilprojekt sollten die Teilnehmenden ihre Controllingstrukturen analysieren.

Insbesondere sollte der Fokus der Analyse auf folgende Bereiche gelegt werden:

  • Adressatenkreis
  • Berichtswesenquantität
  • Turnus
  • Potenzielle Informationsasymetrien
  • Zugriffsrechte

Als zweite Stufe analysierte und reflektierte jeder Teilnehmer einen spezifischen Bericht mit dem dazugehörigen Adressaten insbesondere auf Informationsverständnis, Informationsgehalt, Informationsaufbau, und Verwendung.

Abschließend wurde ein Idealbericht adressatengerecht als Modell konzipiert.

Im Zuge der Zertifizierung wurden die Teilnehmenden dementsprechend auf das Abschlussprojekt nach dem zweiten zeitlichen Block vorbereitet. Hierbei ging es darum ein Kommunikationskonzept für das eigene Controlling zu erarbeiten. Rausgekommen sind spannende Konzepte, Ideen und Interpretationen welche im Rahmen der Abschlussveranstaltung in einem Weingut im Badischen präsentiert worden sind.

Die Idee dahinter stärker Kommunikationselemente mit klassischer Controllinglehre zu kombinieren resultiert aus der Veränderung des Berufsbilds durch beispielsweise (zukünftigen) Einflüsse von KI-gesteuerter Analysesoftware. Den berühmten Controllerknopf wird es zwar auf absehbare Zeit flächendeckend nicht geben, aber Kommunikationsskills geben dem Controlling das Rüstzeug auch zukünftig als Partner des Managements und Lotse des Unternehmens zu fungieren. Interpretation von Daten, Kommunikation von Kennzahlen, erklären von Zusammenhängen, aber auch Fühlen von Verunsicherungen von Adressaten und Vertrauen aufbauen bei den Stakeholdern des Controllings. All gehört auch in den Werkzeugkoffer des Controllings.

Kommunikation hat viele Facetten. Klassische Theoriemodelle wie beispielsweise Watzlawicks fünf Axiome der Kommunikation mit der Zielinterpretation das man „nicht, nicht kommunizieren“ kann oder aber die spezifische Unterteilung des 4-Ohren-Modells von Friedemann Schulz von Thun in Beziehungsebene, Sachebene, Botschaft und Selbstoffenbarung haben sich wie auch andere psychologisch einordbare Modelle längst etabliert. Interessant ist, hier die Erkenntnisse aus dem theoretischen Layout auf die praktische Controllingarbeit in einem spezifischen Arbeitsumfeld wie beispielsweise einem Krankenhaus zu transportieren.

Aus der Sicht des Controllings lässt sich Watzlawicks Aussage auf „man kann nicht zu viel kommunizieren“ erweitern. Hochkomplexe Zusammenhänge sollen Fachfremden erläutert werden und zwar in alle, auch wechselseitige Richtungen. Berufsgruppen mit eigenem fachspezifischem Vokabular sollen gemeinsam am Erfolg des Unternehmens arbeiten. Reports werden meist in Zahlen und Diagrammen ausgedrückt und sollen medizinische, pflegerische oder auch betriebswirtschaftliche Aspekte sinnhaft und verständlich miteinander vereinen. Hört sich kompliziert an. Ist es auch. Und genau da setzt ein Kommunikationskonzept an. Sich als Controlling aktiv mit der Wissenschaft Kommunikation auseinanderzusetzen erzeugt zwingend direkt einen Mehrwert für das gesamte Unternehmen. Controlling obliegt als Navigator hier eine Bringschuld.

Als Beispiel sei hier ein Abschlussprojekt der Zertifizierung Professional Level über die Konzeption eines begleitenden Kommunikationskonzepts im Vorfeld der Einführung des Controllingstandards der Mehrstufigen Bereichsergebnisrechnung (CS 200) wiedergegeben.

Der CS 200 ist auf den ersten Blick komplex und markiert nicht nur in der Kostenrechnungspraxis einen Einschnitt, sondern vor allem in alte Denkens- und Verhaltensmuster. Diese neuen Ansätze sollen ein Umdenken für das Selbstverständnis der eigenen Verantwortung bewirken. Folglich muss es damit auch zu einem tiefgreifenden Wandel in nahezu allen Bereichen des Krankenhauses kommen.

Controlling der Kommunikation

Ein solcher Change Prozess kann nur gelingen, wenn er kommunikativ richtig begleitet wird, da sich der notwendige Bewusstseinswandel nicht von alleine einstellen wird. Hier braucht es vor allen von der Seite des Controllings Überzeugungskraft und auch strukturelles Vorgehen, um die Veränderungsbereitschaft des Einzelnen zu entwickeln. Ein Kommunikationskonzept soll diesen Change für alle Stakeholder erleichtern.

Kommunikationskonzept

Ausgangspunkt für die Idee der Etablierung eines Kommunikationskonzepts war eine erstmalige Vorstellung des CS 200 in einer Chefarztrunde. Hier wurden auf der Sach-, aber vor allen auf der Beziehungsebene Bedenken über die Auswirkung solch eines Steuerungsinstruments offen kommuniziert. Der CS ist in seinem Aufbau, der Verrechnungssystematik und in seiner Wirkung für Personen, die nicht von Beginn an in solch einem Projekt involviert sind, schwer nachvollziehbar.

Und genau da setzt die Idee eines von Anfang an begleitenden Kommunikationskonzepts an.

Vorrangig gilt es durch frühzeitige Integration aller Berufsgruppen in den Kommunikationsprozess Vertrauen in die Dringlichkeit und Notwendigkeit der Veränderung in der Methodik der Unternehmenssteuerung zu schaffen und bei anfallenden Fragen und Problemen während des Rollouts eine Anlaufbasis zu etablieren. Die nachfolgende SWOT veranschaulicht die Abwägungen zur aktiven Kommunikation als stetigen Prozess:

StärkenSchwächen
kontinuierlicher Verbesserungsprozess durch strukturierten zielgruppenorientierten DialogErhöhter zeitlicher Aufwand für die Projektteilnehmer
Abbau von Kommunikationshürdenhoher Diskussionsaufwand
Verbesserung der Wertschätzung füreinander
Höhere Akzeptanz der Steuerungsmethodik Berufsgruppen übergreifend
Offenlegung von Problemen außerhalb der Controllersicht
ChancenRisiken
Rückmeldungen an DVKC und evtl. Justierung der Methodik mit Einfluss für das eigene HausRisiko der Nichtakzeptanz der Methodik von Projektteilnehmern
Frühzeitige zielgruppenorientierte Kommunikation der Steuerungsmethodik im Haus durch die ProjektteilnehmerFrühzeitiger Wiederstand von Budgetverantwortlichen gegen die Methodik
Reduzierung von Ressourcenverbräuchen in der Einführungsphase

Kommunikationsplanung und Kommunikationsmatrix

Der nächste Schritt beinhaltet eine Identifikation aller internen und externen Stakeholder inklusive ihrer Kommunikations- und Informationsbedürfnisse. Hierbei erfolgt eine Aufgliederung des Kommunikationskonzeptes hinsichtlich Inhalt, Art und Weise.

Das Ergebnis der Kommunikationsmatrix ist eine Darstellung aller Anspruchsgruppen sowie deren Informationsbedürfnis und die Art der Bedürfnisbefriedigung, die mindestens in den Change Prozess eingebunden werden sollten bzw. für die erfolgreiche Umsetzung des Projektes von Interesse sind.

Kommunikationsstrategie – Key-Stakeholder

Nachdem in der Kommunikationsmatrix alle Stakeholder identifiziert und der Kommunikationszugang skizziert wurde, werden spezifische Kommunikationsstrategien seitens des Controllings für diese Anspruchsgruppen erarbeitet. Im Rahmen der Einführung eines CS 200 wären wichtige Stakeholder beispielsweise die jeweiligen Bereichsverantwortlichen (z.B. Chefärzte).

Die Kommunikation mit einem Bereichsverantwortlichen sollte an dessen Interessen und Zielen ausgerichtet sein. Hier ist es die Aufgabe des Controllings auf der Sach- wie auch auf der Beziehungsebene eine Verständlichkeit der Thematik und eine Verknüpfung des Changeprozesses mit den Zielen und Interessen der Anspruchsgruppe herzustellen.

Von hoher Priorität ist es beispielsweise dem Bereichsverantwortlichen konkret zu verdeutlichen, wie sich die Kosten seines Ressourcenverbrauchs berechnen und wie sein Anforderungsverhalten sein Bereichsergebnis beeinflussen kann. Dadurch wird eine Veränderungsdringlichkeit und -notwendigkeit hervorgerufen und auch die Logik der Wechselwirkungen verständlich und transparent dargestellt.

Grundsätzlich sollte die Rollenverteilung klar kommuniziert werden. Controlling ist interne Dienstleistung. Der Controller unterstützt den Bereichsverantwortlichen mit dem Instrument der Mehrstufigen Bereichsergebnisrechnung dabei, das betriebswirtschaftliche Ergebnis seines Leistungserstellungsprozesses zu analysieren und relevante (Steuerungs-)Informationen zu filtern. Dies erfordert soziale und persönliche Kompetenzen des Controllers in einem intra- und interprofessionellen Setting.

Bildung und Zusammensetzung einer Teilprojektgruppe „Kommunikation“

Veränderungsprozesse anzustoßen und durchzuführen stellt eine soziale Organisation vor große Herausforderungen und Fragestellungen. Im Rahmen der Projektierung des CS 200 sollte initial mit einem Teilprojekt „Kommunikation“ gestartet werden. Dazu bedarf es einer separaten Teilprojektgruppe bestehend aus Mitgliedern aller relevanten Professionen die als Multiplikatoren der CS Logik und Akzeptanz dienen.

Das primäre Ziel einer Projektgruppe Kommunikation ist die frühzeitige Einbindung von betroffenen Personen und Bereichen. Der strukturelle Ablauf dieser Projektierung orientiert sich dann an den klassischen Projektmanagementregeln und begleitet die Einführung und Umsetzung der Etablierung eines CS 200.

Korrekt angewendete Methodik bei der Einführung von neuen Steuerungsinstrumenten bildet die Basis. Zielgerichtete und adressatenadäquate Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg der Umsetzung und der Akzeptanz der Neuerung. Hier ist das Controlling gefragt. Fachliche Skills werden vorausgesetzt. Erfolgreiche Controller*innen „controllen“ aber auch gleichzeitig die Kommunikation.

Am meisten wird mir der fachlich-/menschliche Austausch untereinander fehlen, dieser war sehr belebend und hat mir sehr gute Tipps bzw. Verbesserungsmöglichkeiten gezeigt, die ich in meiner täglichen Praxis anwenden kann.“ Mathias Sobczynski Klinikum Leverkusen

Der erste Durchlauf der Zertifizierung war sehr vielversprechend. Neben den Inhalten war vor allen der Erfahrungsaustausch mit den Experten aber auch zwischen den einzelnen Teilnehmern ein absoluter Gewinn für jeden Einzelnen. Getreu der Denkweise „Open Controlling Resources“ entwickeln sich Wissen und Ideen durch inspiratives Miteinander.