Controller Seminar auf dem DRG-Forum

Kliniken müssen ihre knappen Ressourcen so steuern, dass eine möglichst hohe Auslastung und zielgerichtete Ergebnissteuerung gewährleistet sind. In dem vom DVKC veranstalteten Praxisworkshop „Controlling: Prospektiv, flexibel und digital – Ressourcensteuerung neu gedacht“, der vom DVKC-Vorsitzenden Prof. Dr. Björn Maier moderiert wurde, wurden die Teilnehmer aktiv eingebunden. In insgesamt drei Arbeitsgruppen zu den Themen Leistungssteuerung, Engpasssteuerung und Personalsteuerung befassten sie sich mit den jeweiligen „Gruppenleitern“ mit den Themen. „Am Ende erarbeiten wir ein Zielbild, wie man das Steuerungsobjekt oder Steuerungsziel besser erreichen kann“, so Maier.

Thorsten Hemmer, Vertreter des Geschäftsführers vom Westpfalz-Klinikum, diskutierte mit den Teilnehmenden über die Leistungssteuerung. „Irgendwann müssen wir wieder laufen lernen und auf eigenen Füßen stehen“, sagte Hemmer zu Beginn in einem Impulsvortrag mit Blick auf die Pandemiebedingungen in den Kliniken. Die erarbeiteten Lösungsansätze sahen zum Beispiel vor, den Fokus weniger auf die Fachabteilung zu setzen, sondern auf Zentren und Krankheitsbilder. Auch die Flexibilität war ein wichtiges Thema. „Wir müssen auf ein verändertes Umfeld und die Ressourcen, die zur Verfügung stehen, reagieren können“, so Hemmer. Nötig wären auch andere Zeitfenster, es müsse viel mehr „just in time“ gesteuert werden. „Man will wissen, wie viele freie Betten sind jetzt da, wie viele Entlassungen sind geplant“, erklärt Hemmer. Man müsste nicht nur auf das Jahr, Wochen oder Tage schauen, sondern auch auf den Moment. Die Digitalisierung spielt bei der Leistungssteuerung auch eine entscheidende Rolle, nicht nur um die Ressourcen zu steuern, sondern auch für die Vernetzung im ganzen Krankenhaus.

Andreas Weiß, Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Controlling, Finanzen und Qualitätsmanagement am Klinikum Leverkusen, diskutierte mit den Teilnehmenden über die Engpasssteuerung. „Wir sind weniger in Prognosen als in Szenarien unterwegs und müssen es trotzdem in den Wirtschaftsplan kriegen“, so Weiß zu Beginn. Man überlege mit den Chefärzten, was die Leistung des kommenden Jahres sein wird, doch das sei im Hinblick auf die vergangenen zwei Jahre eine ziemliche Unmöglichkeit. Es geht um die Frage, welche Kapazitäten man für die einzelnen Kliniken hat – auch in den kommenden Jahren wird das schwierig werden. Dabei spielt auch die Versorgungssicherheit eine Rolle, in Ballungsräumen mangelt es zum Beispiel nicht an Krankenhäusern, trotzdem müsse man in der Lage sein, die ganze Palette anbieten zu können. „Welche Ressourcen brauchen wir und wie kriegen wir es ordentlich und gerecht hin, dass Kliniken beispielsweise auf die Bettenzahl zugreifen können, die sie
brauchen?“, fragte Weiß in die Runde. Dabei geht es nicht unbedingt um das physisch anwesende Bett, sondern vielmehr um das Pflegepersonal, das dieses Bett versorgt. „Wir haben limitierende Kapazitätsengpässe, müssen diese in die Leistungsplanung einbringen und identifizieren, das geht nur
mit gemeinsamer Anstrengung“, fasste er am Ende zusammen. Die Steuerungsprozesse müssten bereits vor der Behandlung greifen – eventuell könnten diese dazu führen, dass der Patient gar nicht stationär aufgenommen werden muss.

Ein weiterer zentraler Baustein ist die Personalsteuerung, über die Kathrin Leffler, Pflegedirektorin am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, mit den Teilnehmenden diskutierte. Leffler verdeutlichte zu Beginn, dass man bereits viel früher ansetzen müsste. „Wir können Instrumente entwickeln und überlegen, wo müssen die Betten hin – ich finde, wir müssen viel früher anfangen. Wie kriegen wir die Botschaft an die Basis, damit die Mitarbeitenden wissen, wo die Geschäftsführung hin will.“ Das Personal sei ein begrenzender Faktor für die Leistung, betonte sie nach den Gruppendiskussionen. Das starre Denken in Betten zu Personal sei schwierig, weil die Fallzahl eine Rolle spiele. Auch die Kommunikation spielt eine wichtige Rolle, Zahlen bringen zwar Transparenz, aber nur dann, wenn man diese auch angemessen kommuniziere. Bei der Steuerung würde ein hoher Digitalisierungsgrad helfen, während ein geringerer zeitnahe Steuerungsmöglichkeiten ausbremsen würde.

Aus den Ergebnissen der Session lassen sich die folgenden Ziele und Anforderungen an zukünftige
Steuerungssysteme ableiten:

Kern-Ziele:

Neben einer verbesserten Patientenzufriedenheit und Versorgung sind insbesondere eine möglichst zunehmende Mitarbeiterzufriedenheit und eine steigende Produktivität für das Zielbild bestimmend.

Anforderungen an das zukünftige System:

Die Workshop-Teilnehmenden sind der Meinung, dass die in der Praxis festgestellten Kapazitätsengpässe überwunden oder zumindest teilweise abgefangen werden müssen, indem derzeit bestehende Schwächen in der Planung und Steuerung abgestellt werden. Dazu müssen folgende Punkte verbessert werden:

Datenlage:

  • Die derzeit teilweise intransparente Datenlage muss verbessert werden. Um eine höhere Transparenz zu erreichen, müssen die teilweise dezentralen Datenbestände aus den operativen Systemen zusammengeführt und zentral verfügbar sein
  • In anderen Teilen müssen bestehende Prozesse zunächst verbessert und dann erstmalig digitalisiert werden, damit ein verwertbarer Datenbestand überhaupt vorliegt.

Im Ergebnis muss ein „Single Point of Truth“ entstehen, auf den alle Interessenten zugreifen können.

Planungsansätze:

  • Derzeit beruht die Leistungsplanung häufig auf wenigen Eckdaten(z.B. VK ärztlicher Dienst /OP-Kapazität). Die limitierenden Engpassfaktoren sollten im Prozess der Leistungsplanung möglichst umfassend erfasst und einbezogen werden
  • Der Fokus der Planung ist überwiegend klinikbezogen. Um eine höhere Effizienz zu erreichen, sollten in der Planung die zu Grunde liegenden Prozesse und zwischen den Organisationseinheiten bestehenden Abhängigkeiten stärker berücksichtigt werden und der Fokus sich eher auf „Zentren“ als auf einzelne Kliniken/Fachabteilungen beziehen

Steuerungsansätze:

  • Aus Sicht der Teilnehmer sollte die in der Regel starre Jahresplanung/Budgetierung dynamisiert werden, indem entstehende Veränderungen der vorhandenen Kapazitäten und Leistungsentwicklungen auch schon unterjährig berücksichtigt werden.
  • Um diese erhöhte Flexibilität zu erreichen, müssen die Krankenhäuser unterjährige Steuerungssysteme für die relevanten Bereiche einführen. So könnten z.B. unterjährig unerwartet boomenden Bereichen freie Kapazitäten von eher schwach performenden Bereichen zugeordnet werden.
  • Die Steuerung sollte den elektiven und den Notfallbereich umfassen und die Besonderheiten der ambulanten sowie stationären Behandlung berücksichtigen.
  • Die Steuerung soll alle Behandlungsphasen umfassen, also die vorstationäre, die stationäre und die nachstationäre Behandlung und den Übergang in die häusliche Umgebung bzw. eine Nachbehandlung oder sonstige Unterbringung.

Umsetzung

  • Die beschriebene Systemumstellung verlangt als erste Voraussetzung ein Umdenken aller Beteiligten aus Medizin, Pflege und Verwaltung auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen.
  • Die angestrebten Prozessänderungen werden in ein umfassendes Bündel von Digitalisierungsprojekten münden. Betroffen sind die operativen Systeme. Zur Planung bzw. Steuerung ist immer auch ein zentrales Managementinformationssystem zu etablieren und entsprechend anzupassen.
  • Die beschriebenen massiven Veränderungen werden nur mit einem geplanten und gezielten Change Management erfolgreich umzusetzen sein.

Die DRG-Session „Controller Seminar“ war der Auftakt für einen 12-monatigen Arbeitszyklus, der auf dem Deutschen Krankenhaus Controller-Tag (7. Bis 8. Juli) sowie bei der Rheinischen Konferenz für Krankenhaus-Controlling am 16. September fortgesetzt wird. Auf dem DRG-Forum 2023 werden die Ergebnisse präsentiert.  Zwischen den Präsenzterminen gibt es auch immer virtuelle Arbeitstreffen. Wer sich an der Gruppe noch beteiligen möchte, kann sich direkt an den DVKC wenden unter: dvkc@dvkc.de

Aufgaben- und Fragenliste für die zweite Workshop-Runde „Controllerseminar“ auf dem DKCT am 8. Juli 2022

Grundlagen der Planung: Datenqualität

  • Welche konkreten Daten sind für Planungszwecke relevant?
    • Was sind limitierende Faktoren / Engpässe für die Leistungsplanung?
  • Aus welchen Systemen können diese Daten ausgeleitet werden?
  • Bei welchen Daten, aus welchen Systemen – sehen Sie hauptsächlich qualitative – Schwächen?
  • Gibt es andere Verfahren der Datengenerierung?

Grundlagen der Bearbeitung: Prozesse

  • Welche Prozesse sollten mit höchster Priorität digitalisiert werden?
  • Welche systematischen Schwächen habe diese Prozesse häufig?
  • Welche Verbesserungen wären vor einer Digitalisierung
    • Welche zentralen Schnittstellen gibt es?
      • Zwischen Kliniken bzw. Fachabteilungen
      • Zwischen Kliniken / medizinischer Infrastruktur
      • Zwischen Kliniken / nicht-medizinischer Infrastruktur
      • Zwischen medizinischer Infrastruktur / nicht-medizinischer Infrastruktur
      • Stationär / ambulant „intern“
      • Stationär / ambulant „extern“
      • Kliniken / Zuweiser
      • Kliniken / Anschlussbehandlung
    • Wie werden diese Schnittstellen derzeit „bearbeitet“?

Art der Planung:

  • Wie lässt sich Planung dynamisieren?
    • Wie / wann sollten die Inputfaktoren angepasst werden?
  • Wie sollte ein Verfahren aussehen, das unterjährig Kapazitäten unter Berücksichtigung der Leistung anpasst? (Wann / wie / in welchem Ausmaß?)
  • Welchen Informations-/Kommunikationsprozess sollte es dafür geben?
  • Welche Beziehungen / Interdependenzen sollte es zwischen den Sektoren geben?
  • Welche Beziehungen / Interdependenzen sollte es zu Vor- und Nachbehandlungen geben?

Weitere Aspekte, insbesondere zum Einbezug der Akteure und zum Aufbau eines Change Managements würden dann in der dritten Workshoprunde „Controllerseminar“ auf der RKKC bearbeitet